Die Bilderwelten der Hofbrücke
Die Dreieckbilder der nicht mehr existenten Hofbrücke lagern im Stadtarchiv von Luzern.
Während rund 300 Jahren war die Hofbrücke «nackt». Zirka 1552 wurde damit begonnen, sie mit einem in Europa einzigartigen biblischen Bilderzyklus auszustatten. Um 1580 war er vollendet.
Der Bilderzyklus der Hofbrücke umfasste die stolze Zahl von 239 Bildern mit Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament. Zweifellos war diese Bilderflut eine Reaktion Luzerns auf die Thesen der Reformatoren und vor allem auf die vehemente protestantische Bilderfeindlichkeit.
Wer das Konzept und die Inhalte entwickelte, ist unbekannt. In Frage kommt der Luzerner Stadtschreiber Zacharias Bletz, der auch Theaterstücke schrieb. Eine wichtige Rolle dürfte der Luzerner Stadtpfarrer Johannes Hürlimann gespielt haben. Er kam 1561 nach Luzern und war als prominenter Humanist und Theologe bekannt.
…umfasste der Bilderzyklus der Hofbrücke.
Anders als die nur einseitig bemalten Bilder der Kapell- und der Spreuerbrücke zeigen die Giebeltafeln der Hofbrücke auf beiden Seiten Bilder. Für die aus gehobelten und verleimten Brettern zusammengefügten Tafeln wurde einheimisches Fichtenholz bevorzugt. Die farbgebende Malschicht wurde in Mischtechnik aus Öl oder Tempera aufgetragen. Von den 239 bekannten Bildern sind sechs Tafeln mit zwöf Bildern verschwunden. Nach dem Abbruch der Brücke im Jahr 1852 lagerte der Bilderzyklus in verschiedenen Depots. Von 1997 bis 2001 wurde er konserviert und inventarisiert. Heute befindet er sich im Kulturgüterschutzraum des Stadtarchivs Luzern.
Im Paradiesgarten erschuf Gott Eva aus der Rippe Adams.
Kain erschlägt seinen Bruder Abel.
Die Menschen haben sich von Gott abgewandt und leben in Saus und Braus. Darum will sie Gott durch eine Sintflut töten. Nur Noah findet Gnade vor Gott. Ihn lässt er auf einem Berg die Arche bauen.
Die Sintflut ertränkt alles Leben. Das Nachtbild schildert, wie die Menschen aus den Fluten zu fliehen versuchen. Doch nur Noah, seine Familie und ausgewählte Tiere überleben in der Arche.
Nach der Sintflut landet die Arche auf dem Berg Ararat. Noah verlässt mit seiner Familie das Schiff, dankt Gott und bringt ihm ein Opfer dar.
In Sodom und Gomorra leben die Bewohner in Sünde. Darum verbrennt Gott die beiden Städte. Nur Lot kann mit seiner Familie fliehen. Verbotenerweise blickt Lots Frau zurück und erstarrt zur Salzsäule.
Josef, der Lieblingssohn von Jakob und Rachel, wird von seinen Brüdern gehasst. Darum werfen sie ihn in eine leere Zisterne, erbarmen sich seiner und verkaufen ihn an Händler.
Mit den Händlern zieht der erst 17 Jahre alte Josef als Sklave nach Ägypten.
Im Dienste des Pharao steigt Josef zum Reichsverwalter auf. Weil eine Hungersnot herrscht, kommen seine Brüder nach Ägypten, um Korn zu kaufen. Josef erkennt sie, lädt sie in seinen Palast ein und verzeiht ihnen ihre Untat.
Nach dem Auszug aus Ägypten gelangt das Volk Israel auf dem Weg ins Gelobte Land zum Berg Sinai. Da befiehlt Gott Moses, den Berg zu besteigen. Hier überreicht er ihm die beiden Gesetzestafeln.
Die Philister stehen gegen das Volk Israel im Krieg. Goliat, ein riesenhafter Philister, fordert einen Zweikampf. Der junge Schafhirte David nimmt die Herausforderung an und tötet Goliat mit seiner Steinschleuder.
König Saul ist eifersüchtig auf David. Als dieser harfenspielend vor ihn tritt, springt Saul plötzlich auf und schleudert den Speer, um David zu töten. Doch dieser weicht dem Geschoss aus.
Abschalom, der Lieblingssohn von König David, entfesselt einen Aufstand gegen seinen Vater. Auf der Flucht bleibt Abschalom mit dem Kopf in den Ästen einer Eiche hängen und wird von den Verfolgern getötet.
Vor der Mauer der Stadt Jerusalem erfährt König David vom Tod seines Sohnes Abschalom und trauert um ihn.
Eli ist Hohepriester des Heiligtums von Schilo, wo die Bundeslade aufbewahrt wird. Seine Söhne nehmen sie mit in den Krieg gegen die Philister. Diese siegen und führen die Bundeslade fort. Eli erfährt von dieser Schmach, fällt rückwärts von seinem Stuhl und stirbt.
König David erobert Jerusalem und beschliesst, die von den Philistern zurückgewonnene Bundeslade in seine neue Hauptstadt zu überführen. Tanzend und harfenspielend führt er die Prozession an.
Batseba badet im Garten. König David, der verzichtet hat, an der Spitze seines Heeres gegen die Ammoniter in den Krieg zu ziehen, steht auf dem Balkon seines Palastes und sieht sie. Er lässt sie zu sich kommen. Die Bildinschrift warnt, Müssiggang verleite zu sündhaftem Verhalten.
Der in Ninive lebende blinde Tobit schickt seinen jungen Sohn Tobias nach Erbatana, um geliehenes Geld zurückzufordern. Gott sendet Tobias den Erzengel Rafael, um ihn auf der Reise zu beschützen. Auf Geheiss des Engels packt Tobias einen grossen Fisch und bewahrt Herz, Leber und Galle auf.
Nebukadnezzar, der König von Babylon, erobert Jerusalem, zerstört die Stadt und führt die Israeliten in die Gefangenschaft ab.
Zwei Frauen treten vor den König und streiten um ein Kind. Er befiehlt, den Säugling in zwei Teile zu schneiden. Da bittet die echte Mutter den König, das Kind der anderen Frau zu geben, damit es nicht sterben müsse.
Die Königin von Saba besucht König Salomon. Seine Weisheit würdigend beschenkt sie ihn mit Gold, Balsam und Edelsteinen.
Nebukadnezzar, der König von Babylon, lässt drei Israeliten, die sich weigern, ein goldenes Götzenbild anzubeten, in einen brennenden Ofen werfen. Die Flammen aber töten die Königsknechte und lassen die drei Jünglinge unversehrt.
Sanherib, der König von Assur, eroberte zahlreiche israelitische Städte. In der Nacht greifen die von Gott gesandten Engel das königliche Lager an und töten 185‘000 Assyrer.
Holofernes, der Feldherr des Königs Nebukadnezzar, bedroht Israel. Da erklärt sich Judit bereit, die Gefahr abzuwenden. Mit ihrer Magd besucht sie Holofernes, macht ihn betrunken und schlägt ihm den Kopf ab.
Auf dem Höhepunkt seines Ruhmes kommt König Nebukadnezzar zu Fall. Wie es Gott gesagt hat, wird er aus der Gemeinschaft der Menschen ausgestossen. Nackt lebt er unter wilden Tieren und ernährt sich von Gras.
König Belschazzar, der Sohn von Nebukadnezzar, gibt ein grosses Fest. In seiner Weinlaune lässt er die goldenen Gefässe holen, die sein Vater aus dem Tempel Jerusalems geraubt hat. Da erscheint eine Hand und schreibt geheimnisvolle Worte auf die Wand.
Die drei Kammerdiener des Perserkönigs Darius beschliessen, einen Wettbewerb über die Frage «Was ist das Stärkste?» auszutragen. Einer schreibt: «Es ist der Wein.» Der zweite: «Es ist der König.» Der dritte: «Es sind die Frauen, über alles aber siegt die Wahrheit.» Er gewinnt den Preis.
König Antiochus greift mit seinen Kriegselefanten die Juden an. Eleazar schleicht unter einen Elefanten und stösst ihm den Dolch in den Bauch. Das Tier bricht zusammen und erdrückt Eleazar.
Der Priester Zacharias und seine Frau Elisabeth haben keine Kinder und sind schon alt. Zacharias bringt im Tempel ein Rauchopfer dar. Da erscheint ihm der Erzengel Gabriel und verkündet ihm, Elisabeth werde einen Sohn gebären, der Johannes heissen soll.
Maria ist mit Josef verlobt und lebt in Nazareth. Da tritt der Erzengel Gabriel in ihr Zimmer und verkündet ihr, sie werde einen Sohn gebären, Jesus, der Sohn Gottes genannt werde.
Die Königin von Saba besucht König Salomon, um ihn mit Rätselfragen auf die Probe zu stellen. Sie ist beeindruckt ob seiner Weisheit und beschenkt ihn mit Gold, Balsam und Edelsteinen.
Nach der Erscheinung des Erzengels Gabriel bleibt Zacharias stumm. Elisabeth gebiert einen Sohn, dem die Verwandten den Namen seines Vaters geben wollen. Elisabeth aber sagt, er solle Johannes heissen. Auch Zacharias schreibt diesen Namen auf ein Blatt und gewinnt dann die Sprache zurück.
Kaiser Augustus befiehlt, alle Bewohner des römischen Reiches müssten sich in Steuerlisten eintragen. Darum ziehen Josef und Maria von Nazareth nach Bethlehem in Judäa, dem Heimatort Josefs, um dem Befehl Folge zu leisten. Ein Ochse und ein Esel tragen ihre Habseligkeiten.
Maria und Josef treffen in Bethlehem ein. Die Stadt ist überfüllt, sodass sie nur in einem Stall übernachten können. Hier gebiert Maria ihren Sohn Jesus. Sie wickelt ihn in Windeln und legt ihn in eine Krippe.
In der Umgebung von Bethlehem lagern Hirten bei ihren Herden auf den Feldern. Da erscheint ihnen ein Engel und verkündet ihnen die Geburt von Jesus.
Noch in der Nacht eilen die Hirten nach Bethlehem. Sie finden Jesus, Maria und Josef mitten in Ruinen. Sie knien nieder und verehren das Kind.
Zur Zeit von Jesu Geburt regiert König Herodes in Judäa. Drei Könige aus dem Osten kommen zu ihm und fragen ihn, wo der neugeborene König der Juden zu finden sei. Herodes erschrickt und erkundigt sich bei den Schriftgelehrten, wo der Messias geboren werden solle. Sie nennen ihm Bethlehem.
Acht Tage nach der Geburt wird Jesus zur Beschneidung in den Tempel gebracht. Zwei Priester nehmen am Altar die Beschneidung vor. Joachim und Josef sowie Anna und Maria begleiten das Ritual.
Auf dem Weg ins gelobte Land rasten die Israeliten in der Ebene der Moabiter. Balak, ihr König, schickt den Propheten Bileam aus, das Volk Israel zu verfluchen. Bileams Eselin sieht einen Engel und geht nicht mehr weiter. Bileam treibt die Eselin an, lässt sich dann aber vom Engel bekehren.
Die drei Könige finden Jesus, knien vor ihm nieder und überreichen ihm ihre Gaben: Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Im Traum werden die drei Könige angehalten, nicht mehr zu König Herodes zurückzukehren. Sie verlassen die Heilige Familie und reisen auf einem anderen Weg in ihre Heimat zurück.
Anlässlich der Darstellung Jesu im Tempel bringt Maria als Reinigungsopfer zwei Tauben dar. Der fromme Simeon nimmt Jesus in die Arme und ruft aus: «Nun habe ich das Heil gesehen, das Gott für alle Völker bereitet hat, nun kann ich im Frieden sterben.»
In Ägypten entfaltet sich das Volk Israel so stark, dass es grösser als jenes der Ägypter wird. Da befiehlt der Pharao, alle neugeborenen hebräischen Knaben im Nil zu ertränken, die Mädchen aber am Leben zu lassen.
König Herodes vernimmt, dass die drei Könige abgereist sind, ohne ihm den Aufenthaltsort Jesu zu nennen. Zornig befiehlt er, in Bethlehem und der ganzen Umgebung alle bis zu zwei Jahre alten Knaben zu ermorden.
Nach dem Sieg über Goliat wird David weitherum bekannt. Das missfällt König Saul, der den mutigen Hirtenjungen zu töten trachtet. David erfährt von diesem Plan und flieht, nicht aber ohne sich von seinem Freund Jonathan, dem Sohne Sauls, verabschiedet zu haben.
Jakob zieht aus Beerscheba weg und geht nach Haran. In der Nacht legt er sich neben dem Weg schlafen. Da sieht er im Traum eine Leiter, die von der Erde bis in den Himmel reicht. Auf ihr steigen Engel auf und nieder. Gott spricht zu ihm und sagt ihm, er wolle ihn und seine Nachkommen beschützen.
Nachdem die drei Könige gegangen sind, erscheint Josef im Traum ein Engel und fordert ihn auf, mit Maria und Jesus Bethlehem zu verlassen und nach Ägypten zu fliehen, um dem Mordbefehl von König Herodes zu entgehen.
Zur Zeit, da der Pharao die hebräischen Knaben töten lässt, wird Moses geboren. Seine Mutter legt ihn in ein Binsenkörbchen und setzt ihn am Nilufer aus. Die Tochter des Pharao badet im Nil und sieht das Körbchen mit dem Knaben. Sie sorgt dafür, dass Moses von seiner Mutter gestillt wird.
Nach dem Tod des Königs Herodes erscheint Josef in Ägypten ein Engel und fordert ihn auf, mit seiner Familie nach Israel zurückzukehren.
Die Heilige Familie lässt sich in Nazareth nieder. Josef arbeitet in seinem angestammten Beruf als Zimmermann, Maria näht und unterweist Jesus im Lesen.
Wie jedes Jahr gehen die Eltern Jesu zum Passahfest nach Jerusalem. Als Jesus zwölf Jahre alt ist, kehrt er nicht zu seinen Eltern zurück. Sie suchen ihn überall und finden ihn schliesslich im Tempel, mitten unter den Schriftgelehrten ins Gespräch vertieft.
Susanna weist zwei alte Richter ab, die sich an ihr vergehen wollen. Sie klagen sie als Ehebrecherin an und verurteilen sie zum Tod. Der Prophet Daniel verhört die Richter, treibt sie mit Fragen in die Enge und überführt sie schliesslich der gerechten Strafe.
Der in ein Fell gekleidete Johannes der Täufer predigt in der Wüste. Viel Volk ist zu diesem Propheten hinausgezogen und lässt sich von ihm im Jordan taufen.
Jesus kommt zu Johannes dem Täufer an den Jordan und bittet ihn um die Taufe. Nach einigem Zögern willigt Johannes ein und tauft Jesus. Ein Engel hält das Taufkleid Jesu bereit, am Himmel erscheint Gottvater.
In der Wüste fastet Jesus während vierzig Tagen und Nächten. Der Teufel tritt an ihn heran und fordert ihn auf, aus Steinen Brot zu machen oder sich vom Tempel zu stürzen, um von Engeln gerettet zu werden. Doch Jesus widersteht den Versuchungen.
Der Prophet Elias muss vor Isebel, der Gattin des Königs Achab, fliehen. Sie fördert den Baalskult, er preist den Gott Israels. Elias geht in die Wüste, legt sich unter einen Ginsterbusch und wünscht sich den Tod. Ein Engel weckt ihn aus dem Schlaf und labt ihn mit Brot und Wasser.
Nach der misslungenen Versuchung durch den Teufel wird Jesus von Engeln umsorgt. Sein Widersacher tut seine Niederlage mit einer obszönen Geste kund.
Jesus wandelt am See von Galiläa entlang und sieht die beiden Fischer Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas. Er tritt zu ihnen und bittet sie, als seine Jünger ihm zu folgen. Sie lassen ihre Netze liegen und gehen mit ihm.
Jesus durchwandert ganz Galiläa, begleitet von viel Volk. Da steigt er auf einen Berg und setzt sich. Umgeben von seinen Jüngern hält er seine erste Predigt, die Bergpredigt.
Jesus besteigt mit seinen Jüngern ein Boot, um auf die andere Seite des Sees Genezareth zu gelangen. Auf der Fahrt schläft Jesus ein. Plötzlich bricht ein Sturm aus. Die verängstigten Jünger wecken Jesus. Dieser beruhigt die Wellen und schilt seine Jünger ob ihres schwachen Glaubens.
In Gerasa lebt ein von Dämonen besessener Mann, der nackt herumläuft und in Grabhöhlen haust. Er fällt vor Jesus nieder und spricht ihn als Sohn Gottes an. Da befiehlt Jesus dem unreinen Geist, den Mann zu verlassen und in eine in der Nähe weidende Schweineherde zu fahren.
Ein Herr lädt viele Gäste zu einem Festmahl ein. Doch einer nach dem anderen entschuldigt sich. Da wird der Herr zornig und befiehlt seinem Diener, die Armen, Krüppel, Blinden und Lahmen zum Fest zu bitten. Von jenen aber, die eingeladen waren, darf keiner teilnehmen.
Wenn einer hundert Schafe hat und eines verliert, eilt er davon, es zu suchen, auf die Schultern zu nehmen und freudig zur Herde zurückzubringen. Und wenn eine Frau zehn Drachmen hat und eine verliert, sucht sie überall. Hat sie sie aber gefunden, ruft sie ihre Bekannten und freut sich mit ihnen.
Ein Sohn verlangt vom Vater seinen Erbteil, zieht fort und verprasst alles. Als Schweinehirt muss er sein Leben fristen. Endlich kehrt er zum Vater zurück und bittet ihn um Verzeihung. Der Vater hat Mitleid mit ihm. Er lässt das Mastkalb schlachten und freut sich, dass sein Sohn zurückgekehrt ist.
Ein reicher Mann freut sich auf eine weitere gute Ernte. Er lässt grössere Scheunen bauen, um noch mehr Vorräte zu horten. Gott spricht zu ihm: «Du Narr, noch in dieser Nacht wirst du dein Leben verlieren und den Teufeln anheimfallen. So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt.»
König Herodes hat Johannes den Täufer gefangen genommen. Johannes sendet seine Jünger zu Jesus, um zu erfahren, ob er der Erlöser sei, den er erwarte. Sie kehren zu Johannes zurück und erzählen, Jesus heile viele Menschen und verkünde das Evangelium.
Es ist Sabbat. Unterwegs sieht Jesus einen blinden Mann. Er gibt ihm sein Augenlicht zurück. Die Pharisäer aber murren und sagen: «Dieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht achtet, indem er heilt.»
Die Juden streiten mit Jesus und bezichtigen ihn, von einem Dämon besessen zu sein. Denn er masse sich an, Abraham gesehen zu haben. Jesus antwortet ihnen: «Ich sage euch, ehe Abraham ward, bin ich.» Da wollen die Leute Jesus steinigen. Er verbirgt sich und verlässt den Tempel.
Zwei Männer beten im Tempel. Der Pharisäer dankt Gott, dass er nicht sei wie der Zöllner hinter ihm, denn er sei gut und gerecht. Der Zöllner aber schlägt sich an die Brust und bittet Gott um Verzeihung für seine Sünden. Als Tempel ist die Hofkirche von Luzern dargestellt.
Auf dem Weg nach Jerusalem zieht Jesus durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa. Zehn Aussätzige kommen ihm entgegen. Jesus heilt sie und sendet sie zu den Priestern. Einer aber kehrt um und dankt Jesus. Es ist ein Samariter.
Ein Mann geht von Jerusalem nach Jericho und wird von Räubern überfallen. Sie plündern ihn und schlagen ihn nieder. Ein Priester sieht den Verletzten und geht weiter. Auch ein Levit kümmert sich nicht um ihn. Ein barmherziger Samariter pflegt ihn und bringt ihn in eine Herberge.
In Bethanien nehmen Marta und ihre Schwester Maria Jesus und seine Jünger freundlich auf. Maria setzt sich zu Jesu Füssen und lauscht seinen Worten. Marta kümmert sich um den Haushalt und das Essen. Jesus aber sagt ihr, es sei besser, von der Arbeit zu lassen und zuzuhören.
Viele Leute umringen Jesus. Da tritt eine Frau, die schon seit zwölf Jahren an Blutungen leidet, an ihn heran und berührt den Saum seines Gewandes. Jesus wendet sich ihr zu, spricht zu ihr und heilt sie.
Der Synagogenvorsteher Jairus eilt zu Jesus und ersucht ihn, in sein Haus zu kommen, denn soeben sei seine Tochter gestorben. Jesus tritt in das Haus und bittet die Trauernden hinaus. Das Mädchen sei nicht gestorben, es schlafe nur. Er fasst das Mädchen an der Hand, da steht es auf.
Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker sät. Während die Leute schlafen, kommt sein Feind und sät Unkraut unter den Weizen. Der Mann lässt beides wachsen. Bei der Ernte aber reisst er das Unkraut aus und verbrennt es, den Weizen bringt er in die Scheune.
König Herodes hat Johannes den Täufer gefangen genommen. Am Geburtstagsfest des Königs tanzt Salome. Herodes will ihr einen Wunsch erfüllen. Auf Drängen ihrer Mutter Herodias verlangt Salome den Kopf von Johannes. Darum wird Johannes der Täufer enthauptet.
Eine grosse Menschenmenge ist Jesus auf einen Berg gefolgt. Zu essen aber gibt es nichts. Ein kleiner Knabe hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische bei sich. Jesus segnet die Brote und die Fische und lässt sie unter das Volk verteilen. Es reicht für mehr als fünftausend Leute.
Die Jünger besteigen ein Boot und fahren auf den See hinaus. Jesus bleibt auf dem Berg und betet. Mitten in der Nacht kommt er herunter und schreitet über das Wasser zum Boot. Petrus will es ihm gleich tun, hat Angst und geht unter. Jesus ergreift ihn und schilt ihn einen Zweifler.
Beim Teich Betesda in Jerusalem lagern viele Kranke. Ein Engel bringt das Wasser zum Wallen. Wer als erster hineinsteigt, wird gesund. Jesus tritt herzu und sieht einen Mann, der so krank ist, dass er nie das wallende Wasser erreicht. Jesus heilt ihn.
Im Gebiet von Tyrus und Sidon kommt eine kanaanäische Frau zu Jesus und bittet ihn, ihre Tochter zu heilen, denn diese werde von einem Dämon gequält. Jesus zögert und sagt, er sei nur zu den Menschen Israels gesandt. Doch dann lässt er sich von der Frau überzeugen und heilt deren Tochter.
Jesus führt Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes auf einen hohen Berg, Tabor genannt. Vor ihren Augen wird er verwandelt: Sein Gesicht leuchtet wie die Sonne, seine Kleider werden blendend weiss wie das Licht. Moses und Elias erscheinen, und Gottvater spricht aus einer Wolke.
Auch kleine Kinder werden zu Jesus gebracht, damit er sie segne. Die Jünger wollen sie vertreiben, doch Jesus sagt: «Lasst die Kinder zu mir kommen, denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, wird nicht hineinkommen.»
Ein reicher Mann lebt in Saus und Braus. Den armen Lazarus vor seiner Tür lässt er vertreiben. Lazarus stirbt und wird von den Engeln in den Schoss Abrahams getragen. Auch der Reiche stirbt und schmort in der Hölle.
An einem Sabbat sitzt Jesus bei einem Pharisäer zu Tisch. Ein Kranker tritt vor ihn. Jesus fragt den Pharisäer: «Ist es erlaubt, am Sabbat zu heilen?» Der Pharisäer schweigt. Jesus heilt den Kranken: «Wer wird seinen in den Brunnen gefallenen Sohn nicht sofort herausnehmen? Auch an einem Sabbat?»
Jesus lehrt im Tempel. Die Pharisäer bringen eine Frau zu ihm, die beim Ehebruch ertappt worden ist. Sie fragen ihn: «Sollen wir sie steinigen?» Jesus bückt sich und schreibt mit dem Finger auf die Erde: «Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.» Einer nach dem andern geht fort.
Jesus betrachtet einen Opferkasten. Viele Reiche kommen und geben viel. Eine arme Witwe wirft zwei kleine Münzen hinein. Jesus bemerkt: «Diese Witwe tut viel mehr, als alle anderen, die nur von ihrem Überfluss gegeben haben. Sie aber gibt alles, was sie besitzt.»
Jesus kommt nach Bethanien. Marta und Maria trauern um ihren Bruder Lazarus, der seit vier Tagen im Grab liegt. Jesus geht zur Totengruft und lässt den Stein wegnehmen. Er ruft: «Lazarus, komm heraus!» Lazarus kommt aus dem Grabgewölbe, seine Füsse und Hände sind mit Binden umwickelt.
Jesus kommt nach Jerusalem. Er lässt eine Eselin bringen, setzt sich darauf und zieht in die Stadt ein. Viele Menschen breiten ihre Kleider vor ihm aus und rufen: «Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn.»
In Jericho geht Jesus durch die Stadt. Der reiche Zöllner Zachäus will Jesus sehen und steigt auf einen Baum. Jesus ruft ihn herunter und kehrt bei ihm ein. Die Leute sind empört, weil Zachäus als Sünder gilt. Zachäus verspricht Jesus, die Hälfte seines Vermögens den Armen zu geben.
In Jerusalem geht Jesus in den Tempel und treibt die Händler und Käufer hinaus: «Heisst es nicht in der Schrift: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes für alle Völker sein? Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht.»
Ein Gutsbesitzer legt einen Weinberg an und verpachtet ihn an Winzer. Zur Zeit der Ernte schickt er seinen Sohn, um seinen Anteil an den Trauben abzuholen. Aber die Winzer töten den Sohn. Der Gutsbesitzer nimmt ihnen den Weinberg weg und verpachtet ihn an andere Winzer.
Ein König lädt viele Gäste zum Hochzeitsfest seines Sohnes ein. Diese wollen aber nicht kommen. Da befiehlt der König, auf die Strassen zu gehen und alle einzuladen, Böse und Gute. Einen aber bemerkt er, der kein Hochzeitsgewand trägt. Er lässt ihn binden und aus dem Palast werfen.
Jesus verlässt den Tempel und weist seine Jünger auf die prächtigen Bauten Jerusalems hin. Einmal aber werde die Zeit kommen, da alles zerstört werde. Der Menschensohn werde am Himmel erscheinen, das Ende aller Tage werde anbrechen.
Zehn Jungfrauen nehmen ihre Lampen und gehen dem Bräutigam entgegen. Fünf von ihnen sind töricht und nehmen kein Öl mit, fünf sind klug und haben Öl mitgebracht. Endlich kommt der Bräutigam und lädt die klugen Jungfrauen in den Hochzeitssaal ein, die törichten aber bleiben vor verschlossenem Tor.
Im Palast des Hohenpriesters Kaiphas versammeln sich die Ältesten des Volkes und beschliessen, Jesus mit List in ihre Gewalt zu bringen und ihn zu töten. Dies soll aber nicht während des Passahfestes geschehen, damit im Volk kein Aufruhr entsteht.
Der Pharisäer Simon hat Jesus zum Essen eingeladen. Da tritt eine Sünderin mit einem Gefäss voll wohlriechenden Öls ein. Mit ihren Tränen benetzt sie die Füsse Jesu, trocknet sie mit ihren Haaren und salbt sie mit Öl. Jesus sagt zu ihr: «Deine Sünden sind dir vergeben.»
Bevor er nach Jerusalem aufbricht, verabschiedet sich Jesus in Bethanien von seiner Mutter Maria. Sie beschwört ihn, nicht nach Jerusalem zu gehen, denn er werde gefangen genommen. Er antwortet, er müsse dem Willen seines Vaters gehorchen und sich ausliefern.
Der Tag der ungesäuerten Brote, an dem das Passahlamm geschlachtet werden muss, bricht an. Jesus schickt Petrus und Johannes in die Stadt Jerusalem, um das Passahmahl vorzubereiten. Ein Mann mit einem Wasserkrug wird sie erwarten und ihnen einen Raum zuweisen.
Mit seinen Jüngern ist Jesus zum Passahmahl versammelt. Wie dies Moses vor dem Auszug aus Ägypten verlangt hat, umstehen die Jünger mit Wanderstäben ausgerüstet reisefertig den Tisch, auf dem das Passahlamm bereitet ist.
Drei Männer kommen zu Abraham. Er lässt für sie ein reiches Mahl zubereiten. Die drei Männer fragen nach Abrahams Frau Sara. Abraham erfährt, Sara werde einen Sohn empfangen. Sara lacht, denn sie weiss, dass sie alt ist. Sie gebiert Abraham einen Sohn, den sie Isaak nennen.
Bei einem Mahl vor dem Passahfest steht Jesus auf, legt sein Oberkleid ab, umgürtet sich mit einem Leintuch, giesst Wasser in eine Schüssel und wäscht seinen Jüngern die Füsse.
Der erblindete Isaak ist seinem Tode nahe. Er will seinen Erstgeborenen Esau zum Familienoberhaupt bestimmen. Isaaks Frau Rebekka weiss von dieser Absicht. Sie hält ihren Lieblingssohn Jakob an, vor Isaak zu treten, sich als Esau auszugeben und sich segnen zu lassen. So geschieht es.
Der Perserkönig Ahasver ernennt Ester zur Königin, ohne zu wissen, dass sie Jüdin ist. Auf das Drängen seines Beraters Haman befiehlt er, alle Juden in seinem Reich zu töten. Ester gibt sich Ahasver als Jüdin zu erkennen, erreicht den Rückzug des Befehls und rettet ihr Volk vor dem Untergang.
Zum letzten Abendmahl setzt sich Jesus mit seinen Jüngern an den Tisch. Während sie essen, sagt er zu ihnen: «Einer von euch wird mich verraten und ausliefern. Der, der die Hand mit mir in die Schüssel getaucht hat, wird mich verraten.»
Während des letzten Abendmahls nimmt Jesus das Brot, segnet es, bricht es, reicht es seinen Jüngern und sagt: «Nehmt und esst, das ist mein Leib.» Dann nimmt er den Kelch, reicht ihn seinen Jüngern und sagt: «Das ist mein Blut, das vergossen wird zur Vergebung der Sünden.»
Die Jünger sind mit Jesus zum letzten Abendmahl versammelt. Jesus ist im Innersten erschüttert und sagt zu seinen Jüngern: «Einer von euch wird mich verraten. Der ist es, dem ich den Bissen Brot, den ich eintauche, geben werde.» Er gibt das Brot Judas, dem Sohn des Simon Iskariot.
In einen dunklen Mantel gehüllt ist Maria ins Gebet vertieft. Das Schwert des Schmerzes durchdringt ihre Brust. In einer Lichtwolke sieht sie fünf Szenen der Passion ihres Sohnes: Die Todesangst am Ölberg, die Geisselung, die Dornenkrönung, die Kreuztragung und die Kreuzigung.
In Kana in Galiläa findet eine Hochzeit statt. Maria, Jesus und die Jünger sind eingeladen. Der Wein geht aus. Jesus bittet die Diener, die leeren Krüge mit Wasser zu füllen. Sie kosten davon, das Wasser ist zu Wein geworden.
Auf diesem Andachtsbild ist Jesus als Schmerzensmann dargestellt. Er steht auf einem grossen Brunnen. In der linken Hand hält er das Kreuz, mit der Rechten weist er auf seine Seitenwunde hin, aus der Blut in den Brunnen fliesst. Die Menschen drängen zum Brunnen, um sich am Blut Christi zu laben.
Dieses Andachtsbild zeigt eine mystische Darstellung des Passionschristus. Der dornengekrönte Schmerzensmann kniet elend und gedemütigt in der Kelter. Wie eine Traube wird er vom kreuzförmigen Kelterbaum gepresst und blutet aus den Wunden. Mit einem Kelch fängt ein Engel das Blut auf.
Auf diesem Vesperbild sitzt die Schmerzensmutter Maria unter dem Kreuz und hält den Leichnam ihres Sohnes Jesus im Schoss. Engel mit den Leidenswerkzeugen umgeben das Paar. Am Himmel erscheint Gottvater. Im Hintergrund steht der geschlagene Hirte, dessen Schafe davonspringen.
Die schon betagte Elisabeth gebiert Johannes den Täufer. Die Verwandten wollen ihm den Namen seines Vaters Zacharias geben. Elisabeth aber sagt, er solle Johannes heissen. Auch der stumme Zacharias schreibt diesen Namen auf ein Blatt und gewinnt dann die Sprache zurück.
Begleitet von der Dreifaltigkeit steht in dieser Endzeitdarstellung Maria Immaculata am Himmel, in der Krone des Paradiesbaumes. Mit dem Fuss tritt sie auf die Schlange, die sich um den Baumstamm windet. Aus dem Paradiestor strömt der Zug der Erlösten. Zu beiden Seiten knien die Bildstifter.
Die an der Entstehung des Bilderzyklus› beteiligten Künstler sind schwer zu identifizieren, weil viele Bilder während Renovationen teilweise übermalt worden waren. Stilvergleiche weisen auf den in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Luzern tätigen Maler Martin Moser und seine Werkstatt hin. Die meisten Bilder sind auf die Jahre zwischen 1571 und 1578 datiert. Viele sind dem holländischen Maler Johannes von Leiden zuzuschreiben. Seine Signatur findet sich auf einem Bild. Archivalisch ist er nicht belegt, doch lassen sich seine eleganten Figuren und bezaubernden Landschaften gut beschreiben.
Die Auftraggeber des Staates und der Kirche schufen mit der bilderreichen Ausschmückung der Hofbrücke ein Medium, das einfach und eingängig die alten Glaubenswahrheiten darstellte. So geriet denn dieser gemalte Heilsweg für die damaligen Kirchgänger und Kirchgängerinnen zur optischen Predigt. Sie wurde ergänzt durch die machtvolle Präsentation derselben Glaubensinhalte im zeitgenössischen Theater anlässlich der mitten in der Stadt aufgeführten Luzerner Osterspiele. Zahlreiche Bilder nehmen die in den Theatertexten beschriebenen Szenen auf.
…ist der Bilderzyklus der Hofbrücke
konserviert und inventarisiert worden.