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Leben auf den Brücken

Im Einsatz für die Fledermaus

Sie sind da, um zu vermitteln. Konstanze Mez und Hans Gysin sind ehrenamtliche Fledermausschützer und Botschafter der scheuen Tiere.

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Sie arbeiten ehrenamtlich und mit ganz viel Leidenschaft. Konstanze Mez und Hans Gysin lieben die kleinen, fliegenden Säugetiere, die sich unter der Kapellbrücke verstecken. Warum ihr Einsatz so wichtig ist und wie man die Fledermäuse im Dunkeln überhaupt zählen kann.


Nicht nur die Fledermäuse, auch die Fledermausschützer werden bei Einbruch der Dunkelheit aktiv. Mehrmals im Jahr treffen sie sich, um den Bestand des Wasserfledermausquartiers der Kapellbrücke zu zählen. Ohne den Einsatz und das Wissen von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern wie Konstanze Mez und Hans Gysin wäre so eine Zählung nicht machbar, denn die nächtlichen Jäger sind klein und flink.

Die vorwiegend weiblichen Tiere leben tagsüber versteckt unter der Verschalung der Brücke und ziehen hier, unter den Füssen von unzähligen Passantinnen und Passanten, ihre Jungen auf. Abends, wenn die Fussgänger weniger werden, fliegen sie aus, um ihren Hunger zu stillen. Der perfekte Moment für eine Zählung. Mit wachem Blick und dem Ultraschall-Detektor in der Hand bringen sich die beiden ehrenamtlichen Fledermausschützer in Position. Wie viele Tiere werden sie wohl diesmal aufzeichnen?

Zahlen zu den Fledermäusen

2006

Entdeckung der Wasserfledermäuse unter der Kapellbrücke

150

Fledermäuse wurden hier schon gezählt

12 Gramm

leicht ist so ein kleiner Jäger

42 kHz

ist die durchschnittliche Frequenz ihrer Rufe

5 bis 8 Grad

misst ihre Körpertemperatur im Winterschlaf

300 Gramm

Insekten vertilgt ein Tier pro Saison

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Die sympathischen Flugkünstler wohnen von Mai bis September unter der Verschalung der Kapellbrücke.
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Die aufgezeichneten Daten übermittelt Hans Gysin in die kantonale Datenbank.

Schlüsselbunde…

… sind ein häufiges Störgeräusch. Der alltägliche Lärm auf der Brücke scheint die Fledermäuse aber nicht zu stören. Auf Licht hingegen reagieren sie empfindlich.

Nachgefragt bei den Fledermausschützern

Wie funktioniert eine Fledermaus-Zählung?

Konstanze Mez: Bevor sie ausfliegen, versuchen wir, die Fledermäuse zu orten. Sie können immer woanders unter der Brücke zu finden sein. Ich gehe zuerst mit dem Detektor auf der Brücke hin und her und versuche, erste Töne wahrzunehmen. Dafür trage ich Kopfhörer im Ohr – wegen des Umgebungslärms. Wenn ich etwas höre, bleibe ich stehen und lehne mich über die Brüstung, um näher zur Quelle zu kommen.
Hans Gysin: Die Zählung ist eine Kombination aus Sicht und Ton. Dazu braucht es mindestens zwei Leute. Einer steht am Reussufer und einer auf der Brücke. In der Hand jeweils ein Ultraschall-Detektor. Und ich stecke auch immer noch Geräte zur Aufzeichnung in die Blumenkisten.

Was macht die Zählung schwierig?

Mez: Die Wasserfledermäuse sind von blossem Auge nicht einfach zu entdecken. Diese Art fliegt sehr spät aus, wenn es schon fast dunkel ist. Über dem reflektierenden Wasser sind sie dann kaum auszumachen. Die Ultraschallfrequenz allein reicht aber zur Bestimmung der Art nicht aus. Die Fledermäuse rufen unterschiedlich, ändern während des Rufs die Frequenz und weichen einander sogar aus. Es tönt ganz anders, wenn die Fledermaus gemütlich nach Hause fliegt oder am Jagen ist.
Gysin: Die aufgezeichneten Daten kann ich dann zu Hause am Computer in aller Ruhe analysieren. So haben wir etwas mehr Gewissheit.

Ich wurde schon gefragt, ob das ein Geigerzähler ist.

Konstanze Mez

Wie viele Fledermäuse leben unter der Kapellbrücke?

Mez: Das wissen wir nicht genau. Obwohl die Wasserfledermäuse der Kapellbrücke gut erforscht sind, wissen wir eigentlich wenig. Es geht mehr darum, die Situation zu erfassen und nachzuweisen, dass die Fledermäuse da sind. Nur so kann man sie nämlich schützen.
Gysin: Wir zählen sicher einmal vor dem «Luzerner Fest» und einmal danach. Jegliche Anlässe rund um die Kapellbrücke werden zuerst von der Stadt Luzern im Hinblick auf die Fledermaus-Verträglichkeit geprüft. Der alltägliche Lärm auf der Brücke scheint sie aber nicht zu stören. Auf Licht hingegen reagieren sie empfindlich.

Was fasziniert Sie an dieser Arbeit?

Gysin: Diese Geräte sind eigentlich mein Hobby. Ich komme mehr von der technischen Seite, bin Elektroingenieur und war an der Entwicklung solcher Ultraschallgeräte beteiligt. Ich will so der Natur etwas zurückgeben.
Mez: Mich fasziniert einfach das Beobachten. Ich liebe das Lauern und das Kribbeln, wenn ich etwas entdecke. Und ich möchte den Menschen die Angst vor den Fledermäusen nehmen. Diese aussergewöhnlichen Tiere sind nämlich weder gruslig, noch haben sie etwas mit Vampiren zu tun. Das heisst, viel reden und erklären. Wir sind die Botschafter zwischen Fledermaus und Mensch.

Myotis daubentonii
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Die Wasserfledermaus, Myotis daubentonii, lebt unter der Kapellbrücke in Luzern

«Ultraschallgeräte sind mein Hobby». Der Elektroingenieur Hans Gysin beschäftigt sich beruflich mit der Entwicklung solcher Geräte und möchte als Fledermausschützer der Natur etwas zurückgeben.

Die Wasserfledermaus ist eine unserer mittelgrossen einheimischen Fledermausarten. Sie wiegt rund 10 g und hat eine Flügelspannweite von etwa 27 cm.

«Wir agieren als Botschafter zwischen Fledermäusen und Menschen.» Konstanze Mez

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) führt die Wasserfledermaus auf ihrer «Roten Liste» als potenziell gefährdet.